II. Kodikologie: Aufbau und Materialität einer Handschrift
Einband/ Deckel
Die verschiedenen, ausgewählten, sortierten und gehefteten Lagen wurden schließlich zu einem Codex zusammengebunden. Dabei wurden nicht nur die verschiedenen Lagen miteinander verbunden, sondern auch mit dem Einband des Codex. Entscheidendes Verbindungsglied in diesem Prozess sind die sogenannten Bünde, bei denen es sich um Schnüre, Leder- oder Pergamentstreifen handelt. Auf diese Bünde wurden nun einerseits die Lagen – im Abendland meist mit Hanfgarn – geheftet, wobei unterschiedliche Methoden einer solchen Heftung Umsetzung fanden.[16] Andererseits wurden die Bünde selbst im hölzernen Vorder- bzw. Hinterdeckel des Einbandes befestigt, indem Löcher in die Deckel gebohrt wurden, in denen die Bünde verkeilt werden konnten.[17]
In kodikologischer Hinsicht können vor allem die Bezüge der hölzernen Einbanddeckel von besonderem Interesse sein. So war es üblich die hölzernen Deckel mit Lederbezügen – regional und diachron variierend zwischen Wild-, Schafs-, Rind-, Ziegen- oder Schweinsleder –[18] auszustatten, die wiederum mit Verzierungen und Ausschmückungen versehen werden konnten. Abgesehen von frühmittelalterlichen Prachteinbänden, die mit Metall, Edelsteinen oder Elfenbein geschmückt werden konnten, ist für das gesamte Mittelalter (zunehmend ab dem 13. Jahrhundert) der sogenannte Blinddruck bzw. die Blindpressung geläufig. Dabei handelt es sich um ein Vorgehen, in dem kleinere Stempel oder größere Pressplatten mäßig erwärmt (nicht zu heiß) werden, um anschließend in das Leder des Bezuges gedrückt zu werden und dort eine Musterung oder bildliche Darstellung etwa von Tieren, Pflanzen o.ä. zu hinterlassen. Der Vergleich solcher Stempelabdrücke (Bildinhalt, Größe etc.) kann die Zusammenstellung verschiedener Einbandgruppen ermöglichen, die sich möglicherweise sogar auf einzelne Werkstätten zurückführen lassen. Vor diesem Hintergrund kann somit auch der Einband eines Codex entscheidende Hinweise für seine Datierung, Provenienz und Überlieferungsgeschichte geben. Eine wichtige Datenbank, die den Vergleich mit einer Vielzahl verschiedener Stempelabdrücke ist durch die Einbanddatenbank gegeben, die von der Staatsbibliothek Berlin betrieben wird.[19]
[1] Vgl. Schneider, S. 105.
[2] Vgl. Needham (1994), S. 136.
[3] Vgl. Schneider, S. 112.
[4] Vgl. ebd., S. 106.
[5] Vgl. Needham, S. 125; vgl. auch Tschudin (2002), S. 95.
[8] Tschudin (2002), S. 38.
[9] Rückert (2006), S. 9.
[10] Vgl. ebd, S. 13.
[11] Vgl. Tschudin (2002), S. 39.
[13] Vgl. Schneider, S. 120.
[14] Vgl. Bischoff (21986), S. 37f.; Schneider, S. 120.
[15] Vgl. Schneider, 124; Bischoff (21986), S. 41.
[16] Vgl. Helwig (1970), S. 19–53.
[17] Vgl. Mazal (1997), S. 18.
[18] Vgl. ebd. S. 21.