Eine kurze Einführung in die neutestamentliche Textkritik

9. Überlieferungs- und Kanongeschichte

Die neutestamentliche Textkritik steht in engem Zusammenhang mit der Überlieferungs- und Kanongeschichte.

Überlieferungsgeschichte

Hier geht es um Fragen wie:

  • Wurde der Text redaktionell überarbeitet?

  • Wurde er einzeln oder im Zusammenhang mit anderen Schriften überliefert?

  • Wann und wie kam es zu Abzweigungen verschiedener Versionen?

Die Überlieferung des NT verlief nicht linear, sondern verzweigt – mit parallelen, sich überlagernden Texttraditionen.

Kanongeschichte

Die Kanongeschichte untersucht, wann und wie die neutestamentlichen Schriften als verbindlich anerkannt wurden.
Diskutiert werden drei Modelle:

  1. Auswahl „von oben“ (Harnack): Kirche wählt passende Schriften aus – heute überholt.

  2. Selbstautorisierung (Zahn, Hengel): Kanon entsteht durch Gebrauch in den Gemeinden.

  3. Einheitliche Redaktion (Trobisch, Klinghardt): bewusste Zusammenstellung des NT im 2. Jh. als Gesamtwerk.

Diese Modelle beeinflussen, wie man sich die Entstehung und Entwicklung des Textes selbst vorstellt.